Ungeschickte Verbauung



Folgende Glosse stammt von Blanka Trunitschek, die mir, Brigitte Prem, dieses Problem vorgelegt hatte. Ich denke, dass ungeschickte, dem Menschen nicht gerechte Verbauung in ganz Europa geschieht.

 

 

Spaziergang (Blanka Trunitschek)1)

Ein Spaziergang am frühen Vormittag ist etwas, das wir nicht oft tun. Aber heute stand, wie auch an vorherigen Tagen, eine Hitze über dem Land, dass es unwahrscheinlich sein würde, dass wir am Nachmittag hinaus gehen. Das hätte unserem älteren Kreislauf nicht gut getan.
Gleich ein paar Meter hinter unserem Haus kommen wir auf den Feldweg und müssen staunen. Baustelle. Eine Baustelle in unserem Naherholungsgebiet! Es gab schon früher Diskussionen mit dem Bauern, der wahrscheinlich keine Lust mehr hatte das Feld zu bestellen. Heute lohnt nur große Fläche, die man dann mit geliehenen Feldmaschinen in einem Bausch und Bogen fertig pflügt, sät, erntet. Uns bot  dieses Stück Feld die Beobachtung der hüpfenden Hasen, unersättlichen Krähen, das Hören der Wildvögel wie der Bussarde oder des Milans und das Betrachten des wachsenden Korns, der Rübe oder, in letzter Zeit der Erdbeeren.
Zugegeben, als wir hier noch nicht wohnten, war das Feld abwechselnd mit Korn oder Rübe bepflanzt, es gab keine Wege, oder wir trampelten uns durch, als wir mit den Kinderwagen in näherer Umgebung zum Einkaufen gingen. Unsere Häuser stehen also auf ehemaligem Feld, welches viermal so groß war, wie der Rest von heute.  Als wir einzogen, sagten wir berechtigterweise: Wir haben dem Brot Platz weggenommen. Und das Brot wurde auch sofort teurer. Jetzt bleibt von dem Rest des Feldes nichts mehr übrig.
Denn jetzt ist der Boden gerodet, die Kanalisation steht bereit, es liegen schon Rohre und Kanalteile im Boden. Erst sollte ein Sportheim gebaut werden. Dafür hatten wir auf unserem Gebiet schon vor dreißig Jahren gekämpft, aber es wurde uns verwehrt. In unsrer Umgebung sei schon genug für Sport getan worden, hieß es, und außerdem, wer solle das bezahlen?
In ein „grünes Hellerhof“ zogen wir damals ein. Nicht nur, dass einzelne Eigenheime durch ihre Bepflanzung für das besungene Grün sorgten, auch die Umgebung wurde hochgelobt, mit Ihrer grünen Stadtgrenze. Als das letzte südliche Stadtviertel Düsseldorfs hatten wir von dieser Lage profitiert. Als dann die A 59 Ende der Achtziger und auch der Anschluss an die Bahn geschaffen wurden, war unser Glück, bis auf den aufkommenden Lärm der Autobahn, vollkommen.

Aber auch etwas Bewegung braucht der Mensch. Mit dem Fahrrad zum Wasserski in Langenfeld oder auch längere Spazierwege über Monheim bis nach Langenfeld erschlossen sich uns, oder zu Fuß nach Garath, Baumberg und nach Benrath.

Langsam werden wir uns daran gewöhnen müssen, dass diese Freiheit beschnitten wird.

In der Schule vor 60 Jahren habe ich gelernt: Das Rheinland zeichnet sich durch große Bevölkerungsdichte aus. Selten werden Stadtgrenzen sichtbar, die Städte fließen praktisch ineinander über. Wir hatten noch ein Stück Natur erleben können. Die wird uns weggenommen. Warum? Eine derartige Dringlichkeit ist nicht gegeben. 

 


Quellen

Trunitschek, Blanka: "Spaziergang" SdS Hamburg 1916